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Grafik: DER STANDARD
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Kleiner Spanischkurs zur Einleitung. Schließlich ist Seat die iberische VW-Tochter. Die neue, in Natura besonders gefällige Formensprache verdankt der Ibiza Chefdesigner Luc Donckerwolke – der vorher diverse Lamborghinis optisch auf ganz böse trimmte – und heißt auf gut altkastilisch Arrow Design. Die drei Ausstattungslinien heißen im breiten katalanischen Dialekt Reference, Stylance und Sport, konsequenterweise hört die Öko-Linie auf den Namen Ecomotive.

Na ja, die vermaledeite Englisch-Anbiederung macht auch vor Seat nicht halt, wenigstens lautet der Firmenslogan Auto Emoción, und das zweite Designschlagwort heißt Línea Dinámica. Ungemein dynamisch entwickelte sich heuer der Seat-Absatz, in Österreich konnten die Spanier um 30 Prozent zulegen, 3,5 Prozent Marktanteil sollten sich für das Gesamtjahr ausgehen.

Verdankt sich alles dem neuen Seat, den der Standard gleich in beiden Karosserievarianten testen konnte: 1,9 TDI (105 PS) 5-Türer, 1,4 (85 PS) Sportcoupé vulgo SC.

Die Meldungen im Einzelnen. In unseren Notizen vermerkten wir positiv, dass im Interieur Farbkombinationen und Materialien dem ästhetischen Empfinden des Testers viel eher entgegenkamen als dies beim Vorgänger der Fall war.

Der 5-Türer ist die praktischere Variante.
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Ferner ist der 5-Türer ein recht praktisches Auto mit immer noch parkplatzfreundlichen vier Metern Länge. Die große Heckklappe erleichtert das Beladen, der 292-Liter-Kofferraum ist insofern ein guter Kompromiss, als er den Passagieren in der zweiten Sitzreihe menschenwürdiges Verweilen gestattet, und die vielen Ablagen und Fächer in der Fahrgastzelle deuten auch darauf hin, dass da jemand intensiv über Bedürfnisse im mobilen Alltag nachgesonnen hat.

Getriebe? 5-Gang-Schaltung mit lang übersetztem vierten und fünften Gang – was uns auch deshalb auffiel, weil wir auf der Autobahn vergeblich versuchten, die Sechste einzulegen. Motor? Akustisch gemahnt er sogleich daran, dass dies noch kein Sendbote der Common-Rail-Offensive des VW-Konzerns ist, sondern gute alte Pumpe-Düse-Technik. 1,9 TDI, 105 PS. Verhilft dem Ibiza zu flotten Fahrleistungen bei – laut Bordcomputer und langen Boxenstop-Intervallen – zugleich bescheidenem Durst. Trotz Testwageneinsatz hauptsächlich innerstädtisch und auf der Autobahn begnügte er sich mit etwa 5,5 Litern auf 100 km (wer noch sparsamer ibizieren will: Ecomotive).

Beiden Varianten gemeinsam ist erfrischendes Styling, sportliches Fahrgefühl und die junge Kundschaft.
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Da lag der 1,4-Liter-Benziner im Sportcoupé etwa eineinhalb Liter drüber. Trotzdem, welch feines Triebwerk. Klein, leicht (der Wagen wiegt auch deshalb schlanke 1075 kg), spritzig, sparsam. So macht Downsizing Sinn. Und man begreift, warum Fachwelt und Kunden einhellig von den kleinvolumigen Benzinern aus dem VW Konzern, egal ob aufgeladen oder nicht, begeistert sind. Resümee zu beiden Ibizas folglich schon hier: Spanier sparen schön sportlich.

Die Standardfloskel "Coupés sind zwar unpraktisch, aber die schöneren Autos" gilt selbstverständlich auch für den Ibiza SC. Gibt sich noch einen Deut pfeiliger – Sie erinnern sich: Arrow Design – gestylt als der Fünftürer. Zwei Zentimeter flacher ist er auch noch als der 5-Türer, mit 284 l ist der Kofferraum aber kaum kleiner.

Koloristisch entschieden wir uns beim Testcoupé für Königstigerblau. Quatsch, die Farbe heißt Galia-Blau. Furia-Grau wäre ebenso eine Alternative wie Limetten-Gelb oder Lumina-Orange. Damit hätten wir die "Individual"-Palette durch. Die drei Soft-Couleurs hören auf Candy-Weiß, Crono-Gelb und Emotion-Rot. "Entzückend, Baby", hätte Lieutenant Theo Kojak vermutlich kommentiert.

Draufgängerischere Gemüter, denen egal ist, wie Rückbänkler sich reinzwängen müssen, werden zum Sportcoupé greifen.
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Gemein haben 5-Türer und SC übrigens, dass der Tacho unbeleuchtet mitunter schwer ablesbar ist. Folglich fuhren wir stets brav mit Licht am Tag, volles Programm. Man fühlt sich gleich viel sicherer. Obwohl's an des Ibiza Sicherheitsausstattung nichts zu mäkeln gibt: fünf Sterne im NCAP-Test.

Beide zeichnen sich weiters aus durch grundsätzlich sportlich ausgelegtes Fahrwerk (das SC-Sportfahrwerk legt in der Hinsicht nochmal eins drauf), direkte Lenkung und agiles Handling. Und so ist der Ibiza ein wendiger, praktischer Kleinwagen, der auch Vorfreude auf VWs technisch eng verwandten Polo macht (ab Frühjahr 2009). Und perfekt in unsere Zeit passt. (Andreas Stockinger/DER STANDARD/Automobil/19.12.2008)